Wie bei allen Menschen, startete meine Karriere als Sängerin in dem Moment als ich mich nach der Landung in der Welt zum ersten Mal mit einer Frequenz um den Kammerton 440 Hz zu Wort meldete. Reden tue ich heute noch gerne und vielleicht singe ich deshalb so gerne nicht deutsch-sprachige Lieder, damit ich das in englisch, französisch, gälisch, bretonisch, katalanisch, lado, ungarisch oder armenisch Gesungene auch noch erklären darf.
Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit: Sprache ist für mich Musik, auch das gesprochene Wort. Und Worte haben ja auch eine Bedeutung. Ob mir die Geschichte gefällt, die ein Lied erzählt, erkenne ich im Allgemeinen bereits an der Melodie und dem Rhythmus. Die traditionellen Lieder aus dem europäischen Sprachraum haben immer einen Bezug zu meinem Leben als Natur- oder Kulturwesen. Sie beschreiben alle Seiten und Aspekte des Lebens und sind entsprechend lustig und traurig und tröstlich und menschlich.
Wenn ich ein neues Lied lerne, oft von anderen Musikern, beschäftige ich mich auch mit der Region, aus der es stammt, am liebsten lerne ich dann auch noch Tanzschritte, die in dieser Musik lebendig sind. Wenn diese Art der Aneignung eines Musikstückes gelingt, lässt sich der Wind des Kaukasus auch in Deutschland spüren und die Sehnsucht, von der in der fremden Kultur gesungen wird, vermischt sich mit der eigenen. Die Ähnlichkeiten zwischen den Menschen sind eben doch größer als die Unterschiede.
Die Musik baut mir auch Brücken in die außereuropäischen Kulturen: Kenianische Gospel oder arabischer Dabke – es gibt so viel zu lernen von den Menschen, die derzeit zu uns kommen! Lasst uns gemeinsam in die Welt lauschen, denn: Wo gesungen wird, da lass Dich ruhig nieder – böse Menschen haben keine Lieder.